Rezension Im Sog der Gefahr von Toni Anderson

Das Buch kam durch einen glücklichen Umstand zu mir: Meine Schriftstellerkollegin Cornelia Röser, die sich inzwischen auch als Übersetzerin einen Namen gemacht hat, fragte, ob ich ihr mit ein paar Tauchvokabeln behilflich sein könne. Natürlich konnte und wollte ich, und so hatte ich vor ein paar Wochen plötzlich und unerwartet ein Belegexemplar im Briefkasten mit einer sehr lieben Widmung. 🙂

Nun bin ich ja bekennende Erotik-Leserin und mache mich immer wieder gerne über Romantasy her. In diesem Fall keine Fantasy, sondern Romantic Thrill, also ein Krimi mit romantisch-erotischen Zügen.

Der Roman spielt auf Vancouver Island, wo ich vor 14 Jahren einen Teil meines Sommerurlaubs in Kanada verbrachte, und es war wunderschön, Ortsnamen zu lesen, die mir etwas sagten und die Bilder in meinem Kopf noch lebendiger gestalten zu können als sonst beim Lesen.

Die Story ist schnell erzählt: Die junge Polizistin Holly Rudd wird nach Bamfield gerufen, als der dort ansässige Tauchlehrer Finn Carver bei einem Tauchgang zu einem bisher unbekannten Wrack gemeinsam mit seinem Ziehvater eine Leiche entdeckt. Holly fühlt sich zu Finn hingezogen, dieser sich auch zu ihr – und anders als erwartet dauert es eine ganze Weile, bis sie sich das auch eingestehen, was mir den Lesegenuss definitiv erhöht hat!
Holly stößt im Ort auf Ablehnung und verschlossene Türen, und auf ein Geheimnis, das ihr Leben gehörig auf den Kopf stellt.

Ich habe den Roman sehr gerne gelesen, habe manches schon sehr früh geahnt, aber dennoch 30 Seiten vor Schluss gerätselt, wie all die losen Fäden am Ende sinnvoll gebündelt werden sollen, und ich wurde nicht enttäuscht: Nicht nur die Liebesgeschichte ist glaubwürdig aufgebaut, sondern auch der Kriminalfall überzeugt. Nicht alle Figuren sind super plastisch ausgefeilt, der ortsansässige Bösewicht ist nah am Klischee und auch ein, zwei anderen Randfiguren fehlt es ein wenig an Tiefe, aber die Hauptfiguren haben mir gefallen, sie wirkten glaubwürdig und echt.

Als Taucherin lese ich natürlich doppelt kritisch, wenn es ums Tauchen geht. Nicht alles ist völlig überzeugend, aber man merkt, dass die Autorin Ahnung von Fach hat und für die kleinen Unschärfen (niemand, der bei Verstand ist, nimmt eine blutige Anfängerin mit auf einen Dekotauchgang in ein Wrack!) hat sie zumindest im Text plausible Erklärungen. Ich würde dem unwissenden Leser gerne ein „don’t try this at home“ in eine Fußnote schreiben, gehe aber mal davon aus, dass gesunder Menschenverstand durchaus noch nicht ausgestorben ist.
Und dass die blutige Anfängerin in aller Seelenruhe und anscheinend perfekt tariert Fotos vom Toten macht – nun ja, das ist entweder dichterische Freiheit oder einer der tausend Ausnahmetaucher, die auf Anhieb wissen, wie man tariert, ohne den Grund aufzuwirbeln. 😉

Und weil ja auch immer vieles an der Übersetzung hängt, möchte ich auch hierzu ein paar Sätze loswerden: Ich habe das englische Original nicht gelesen und kann daher die Übersetzung nur anhand ihrer selbst beurteilen, aber die hat mich überzeugt. Atmosphärisch dicht, teils poetisch, nie kitschig und mit einem guten Gefühl für Feinheiten. Auch die unterschiedlichen Menschen kommen durch ihre Sprache in ihrer eigenen Art zu Wort.
Gerade die erotischen Szenen sind mit gutem Fingerspitzengefühl übersetzt und kommen weder tumb noch lächerlich rüber, was man ja leider manchmal in Übersetzungen findet, weil der deutschen Sprache einfach die positiv konnotierten Synonyme für Geschlechtsorgane ausgehen.

Gerne gelesen, und auch wenn es eher ein Buch für „zwischendurch“ ist, bekommt es von mir vier von fünf möglichen Punkten.

Mühsam nährt sich das Eichhörnchen

Diesen Monat ist das Schreiben zäh. Ich habe viel anderes zu tun, meine kleine Firma braucht Zuwendung, es stehen Möglichkeiten ins Haus, in ein oder zwei Printmedien mit meinen Produkten vorgestellt zu werden, und auch meine Wohnung schreit nach Aufmerksamkeit.

Aber dennoch habe ich es bisher geschafft, auf der Immergrünliste zu bleiben, wenn auch nur mit dem guten alten Trick, hin und wieder einfach mal das Manuskript zu wechseln beziehungsweise innerhalb des Manuskripts einen Zeitsprung zu machen mit der Notiz, die fehlenden Szenen nachzutragen.

Mit Aeon Timeline hab ich mich recht gut angefreundet, allerdings werde ich es demnächst kaufen müssen, weil die Testlizenz nur 20 Tage (effektive Arbeitstage, keine 20 Tage am Stück) umfasst. Aber vermutlich werde ich das tun. Auch wenn die Möglichkeiten, die „Papyrus Writer“ bietet, mir derzeit auch sehr verlockend erscheinen und die neue Version auch eine Timeline enthält. Aber nachdem ich erst vor gut einem Jahr von Ulysses auf Scrivener umgestiegen bin, möchte ich eigentlich ungerne schon wieder ein neues Programm nutzen. Die Umstellung dauert ja auch immer ihre Zeit, und ich habe noch längst nicht alle Funktionen des Scriveners entdeckt. Dennoch reizt mich die Stilanalyse von Papyrus, so dass ich vielleicht eines Tages beides nutzen werde – eines zum Schreiben und eines zum Überarbeiten.

Derzeit habe ich parallel Tania nach Bali geschickt, wo sie mit ihrer wenige Monate alten Tochter Fuß zu fassen versucht, und auf der anderen Seite hat Martin gerade von Tanias Schwangerschaft erfahren und muss sich entscheiden, ob er Tania und das Baby will oder beide aus seinem Leben wirft. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, und er ist verdammt zerrissen.

Es macht Spaß, diese Szenen zu schreiben. Seine Verzweiflung, seine Wut, seine Enttäuschung greifbar zu machen, und auf der anderen Seite in meinen Erinnerungen zu schwelgen und Bali bunt und sichtbar für den Leser zu gestalten. Ich fürchte zwar, dass am Ende viele der Szenen dem Rotstift zum Opfer fallen werden, aber das ist wohl bei den meisten Projekten so – und wer weiß, vielleicht führe ich ja mal den „Director’s Cut“ in der Literatur ein? 😉